“Oh Joshua, das ist eine alte und lange Geschichte. Setz dich an das Sofa.”
Joshua setzt sich und guckt mit Interesse.
“Das war 1980, die Jahre von dem Rock, dem Sieg über Pocken, den Olympischen Spielen in der USSR. Eine goldene Zeit war das, die Blütezeit von AC/DC, Queen, Def Leppard, Van Halen und vielen anderen Bands. Dann war ich 27 und machte eine Reise durch die USA.”
“Hast du dort die Großmutter kennengelernt?”
“Ja, richtig. Als AC/DC auf Back in Black Tour spielte, habe ich ihr Konzert in New York City besucht. Sie haben sich ein bisschen verspätet und das Publikum musste warten, wie immer. In diesem Moment sah ich eine hübsche Frau nebenan. Sie war allein und sah gelangweilt aus. So nahm ich diesen Fakt zum Anlass und ging auf sie zu.”
“Genau! Dann war sie 21!”, lächelt der Großvater.
“Oh mein Gott! So jung!”, erstaunt sich Joshua.
“Ich sprach mit ihr auf Englisch, aber sie sagte, dass sie nur Deutsch spricht und ihr Englisch zu schlecht ist. Natürlich fing ich an, Deutsch zu sprechen. Wenn du ihr Gesicht nur sehen könntest! Ihr fehlten die Worte.”
Joshua lacht.
“Anschließend habe ich ihr erklärt, dass ich auch aus Deutschland komme. Sie freute sich darüber und wir haben das ganze Konzert nett geplaudert. Wir kamen leicht ins Gespräch und redeten über das Heimatland, die Musik, die USA und so weiter.”
“Nach dem Konzert begleitete ich sie zu ihrem Hotel. Wir schrieben die Adressen voneinander auf und, als wir nach Deutschland zurückgeflogen sind, haben wir uns viele Briefe geschrieben. Dann zog ich in ihre Stadt um und wir haben uns geheiratet.”
“Wow, Opa, wie interessant! Und was war später?”
“Das ist eine ganz andere Geschichte, Joshua. Es ist jetzt schon spät, du sollst ins Bett gehen. Morgen werde ich es dir erzählen, ich verspreche. Gute Nacht!”
“Okay, Opa, gute Nacht!”, der Enkel geht ins Schlafzimmer.
Der Großvater setzt sich auf den Sessel, genießt die Stille und denkt an das kleine Gespräch, das sein Leben total verändert hat.
Leise singt er:
“I’ve been around the world
I’ve seen a million girls
Ain’t one of them got
What my lady she’s got…”
Er blickt auf das alte Foto, auf dem ein junges Paar in Lederjacken abgebildet ist, seufzt, steht auf, geht raus und schaltet das Licht aus.
Maria Bugaenko